"Die fünfte Jahreszeit"


Ich kenne dieses Gedicht von Kurt Tucholsky schon seit vielen Jahren, aber noch nie habe
ich es so intensiv empfunden wie am Sonntagmorgen. Als ich morgens gegen 8 auf dem
Balkon stand war das Licht so unglaublich weich... die Luft ebenfalls... und es war absolut
still. Ich habe nur kurz gefrühstückt und mich sofort auf den Weg gemacht. Keine einzige
Minute wollte ich zu Hause vergeuden, sondern sofort nach draußen um diese besondere
Stimmung so lange wie möglich zu genießen.



Aus: "Die fünfte Jahreszeit" von Kurt Tucholsky

“ Wenn der späte Nachsommer im Verklingen ist
und der frühe Herbst noch nicht angefangen hat –
dann ist die fünfte und die schönste Jahreszeit...“

Nun ruht es.
Die Natur hält den Atem an;
an andern Tagen atmet sie unmerklich
aus leise wogender Brust.

Nun ist alles vorüber:
geboren ist,
gereift ist,
gewachsen ist,
gelaicht ist,
geerntet ist.
Nun ist es vorüber.


Nun sind da noch
die Blätter und die Gräser
und die Sträucher,
aber im Augenblick
dient das zu gar nichts;


wenn überhaupt in der Natur
ein Zweck verborgen ist:
im Augenblick
steht das Räderwerk still.

Es ruht.

Mücken spielen im schwarz-goldenen Licht,
im Licht sind wirklich schwarze Töne,
tiefes Altgold liegt unter den Buchen,
Pflaumenblau auf den Höhen ...
kein Blatt bewegt sich,
es ist ganz still.

Blank sind die Farben,
der See liegt wie gemalt,
es ist ganz still.

Boot, das flußab gleitet,
Aufgespartes wird dahingegeben –

es ruht.



So vier, so acht Tage –

Und dann geht etwas vor.

Eines Morgens riechst du den Herbst.
Es ist noch nicht kalt; es ist nicht windig;
es hat sich eigentlich gar nichts geändert –
und doch alles.
Es geht wie ein Knack durch die Luft –
es ist etwas geschehen;
so lange hat sich der Kubus noch gehalten,
er hat geschwankt ... , na ... na ... ,
und nun ist er auf die andere Seite gefallen.
Noch ist alles wie gestern:
die Blätter, die Bäume, die Sträucher ...
aber nun ist alles anders.

Das Licht ist hell,
Spinnenfäden schwimmen durch die Luft,
alles hat sich einen Ruck gegeben,
dahin der Zauber, der Bann ist gebrochen –
nun geht es in einen klaren Herbst.

Wie viele hast du?
Dies ist einer davon.



Ich bin durch den Park und anschließend durch einen meiner Lieblingsgärten gelaufen.






An den Herbstanemonen erfreue ich mich jedes Jahr aufs neue und dieses mal habe ich
sogar Herbstzeitlose entdeckt. Bewusst habe ich sie noch nie wahrgenommen. Sind sie in
der Stadt nur so selten zu finden oder habe ich sie nur nie gesehen, keine Ahnung. Von
weitem könnte man sie fast für Krokusse halten.









Und diese herrlichen Rosen hatten auch noch einige Blüten, sind sie nicht wunderschön.
Ich habe den Tag jede Minute genossen, ich hoffe bei euch war es ebenfalls so schön.



Kommentare

  1. Was für ein schöner Tag. Tucholsky ist doch immer eine Freude. Deine Bilder sind wunderschön.
    LG
    Magdalena

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  2. Wunderschön und so romantisch war dein Spaziergang mit diesen Zeilen von Tucholsky und wie zu treffend er es geschildert hat, einfach herrlich!! Wunderbare Aufnahmen sind das!
    Eine schöne neue Woche wünsche ich dir!
    Lieben Gruss Elke

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  3. Als Wahlkölnerin kann ich Tuchoolsky das natürlich nicht durchgehen lassen 😄
    Für mich ist das immer die angenehme Seite des Sommers.
    Schöne Eindrücke!
    Astrid

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  4. Liebe Sigi,
    oh ja, ich mag dieses Gedicht auch sehr! Einen zauberhaften Tag hast Du geniessen können, danke für die wunderschönen Bilder, die Du davon mitgebracht hast!
    Hab einen wundervollen Tag!
    ♥ Allerliebste Grüße,Claudia ♥.

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  5. Liebe Sigi,
    was für ein schöner Post - der macht einem das Herz ganz weit. Danke für dieses schöne Gedicht und Deine dazu passenden Fotos.
    Ja so einen Morgen habe ich am Sonntag genießen können, still auf der Terrasse mit einem Kaffee und den kleinen Meisen und ja dann dieses Herbstahnen :)
    Liebe Grüße
    Kirsi
    (allerdings ist es jetzt hier grau in grau und es regnet, aber das gehört ja auch dazu)

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  6. Liebe Sigi,
    ein wunderbares Gedicht hast Du für uns ausgesucht. Und es hat so recht in seinen Aussagen! Dazu noch solche wunderschönen Aufnahmen, die den schnell nahenden Herbst willkommen zu heißen scheinen. Vielen Dank, dass Du uns die 5. Jahreszeit gezeigt hast. LG Marion

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  7. Wau Sigi, die Anemonen sind ja TRAUMHAFT schön (Fotografiert!)
    Mal guggen was der Altweibersommer uns noch so bringt!
    Hab eine wundervolle Woche!
    LG Britta

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  8. Hallo liebe Sigi,
    ja, es gibt sie, diese magischen Momente, in denen einfach alles stimmt.
    Wie schön, dass du dir die Zeit genommen und die Gunst der Stunde genutzt hast. Und wie schön, dass du diese stimmungsvollen Bilder nun auch mit uns teilst. Ich habe die Aufnahmen ganz langsam durchgeklickt und konnte ich ihn auch spüren, diesen Zauber….. einfach wundervoll.

    ♥ ♡ ♥ ♡ ♥ ♡ ♥
    Herzlich grüßt
    Uschi

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